Freitag, 24. Oktober 2008

10 Fragen an... Marilynn McMahon



Richtiges Geld verdienen in Second Life - davon träumt wohl so mancher Avatar. Vor allem, seit es die virtuelle Immobilienunternehmerin Anshe Chung zur Real Life Millionärin gebracht hat, hoffen einige auf den grossen Gewinn in der virtuellen Welt. Meine "10 Fragen an..." gehen heute deshalb an Marilynn McMahon, erfolgreiche SL-Unternehmerin.

Marilynn, seit wann bist du in Second Life unterwegs?

Seit meiner zweiten Geburt am 19. Februar 2007.

Wie hat es dich in die virtuelle Welt verschlagen?
Im Februar 2007 habe ich in einer Tageszeitung einen Artikel über Second Life gelesen. Das hat mich so fasziniert, dass ich beschlossen habe, das selbst einmal auszuprobieren. Zu Beginn hat mich dann vor allem das Fliegen fasziniert, die Möglichkeit, unbeschwert durch die Lüfte zu sausen. Als ich mich langsam auskannte, habe ich mir gedacht, dass man Second Life doch auch geschäftlich nutzen könnte, ich verkaufe in RL nämlich Schuhe und Kleider. Diese Idee habe ich meinem Chef unterbreitet, und glücklicherweise war er bereit, dieser Idee eine Chance zu geben.

Wie viel Zeit verbringst du in Second Life?
Möglichst viel, da es noch so viel zu lernen gibt. Tagsüber bin ich meist während der Arbeit online, aber natürlich nicht immer mit SL beschäftigt – der PC läuft meist eher nebenbei. Da ich zwei PCs zur Verfügung habe, kann ich die Arbeit, die in Real Life anfällt, wie gewohnt erledigen. Auch Abends verbringe ich viel Zeit in SL, manchmal im Auftrag der Firma, manchmal privat, aber das vermischt sich meist irgendwie. Es ist auch keine Seltenheit, dass es zwei Uhr morgens wird, bis ich den PC ausschalte. Aber am Anfang war das noch viel schlimmer. Es gab so viel zu sehen und zu erleben – und auch zu lernen. Heute bin ich abends oder nachts online, weil ich mittlerweile viele Freunde aus der ganzen Welt kennen gelernt habe. Doch auch wenn ich sehr viel Zeit in Second Life verbringe, hat das richtige Leben immer Vorrang. Ich habe eine Familie, und die kommt ganz sicher immer zuerst. Deshalb bin ich auch übers Wochenende viel weniger online, wenn überhaupt.

Du bist Unternehmerin hier in SL – was machst du genau?
Ich verkaufe in SL Schuhe und Kleider und ein wenig Haare und Skins. Ich bin zum Beispiel General Managerin einer Designerin, die nichts mit dem Wiederverkauf zu tun haben will. Diesen Job hat sie mir übertragen. Ich wähle die Wiederverkäufer aus und versorge diese mit Nachschub. Die Produkte bestelle ich übers Internet bei der Designerin. Selber bin ich auch Wiederverkäuferin von verschiedenen Markenprodukten. Und mein grosser Traum ist es, selber einmal eine eigene Kollektion zu designen und zu verkaufen.

Läuft das Geschäft erfolgreich?
Ja sehr, gebremst werde ich eigentlich nur durch die Ausfälle, die Second Life leider immer wieder hat. Aber Linden Labs geben sich Mühe, die Server sicherer und stabiler zu machen. Auf jeden Fall kann ich mir regelmässig Geld aus Second Life herausnehmen, und muss keines mehr investieren. In letzter Zeit sind die Verkäufe zwar ein wenig zurückgegangen, aber ich glaube nicht, dass das etwas mit der momentanen Weltwirtschaftskrise zu tun hat. Im Gegenteil. Ich glaube, viele Leute können sich heute in RL weniger leisten als früher, und befriedigen deshalb ihre Kauflust in Second Life, weil hier vieles noch zahlbar ist und es dem richtigen Leben eben doch sehr nahe kommt.

Sind Avatare eigentlich modebewusst?
Ja, die weiblichen Avatare sind es auf jeden Fall, und die meisten geben auch gerne Geld für ihr Aussehen aus. Aber natürlich gibt es auch solche, die in Second Life nie für etwas bezahlen würden, da sie immer noch die Vorstellung haben, hier sei alles gratis.
Die meisten meiner Kundinnen und Kunden legen aber sehr grossen Wert auf ihr Erscheinungsbild. Das liegt vielleicht daran, dass man auch im zweiten Leben einzigartig sein will, und nicht bloss eine Kopie oder ein Standard-Avatar.
Das führt so weit, dass sich viele Avatare gar kein menschliches Aussehen zulegen, sondern in Tiergestalt, als Aliens oder Roboter durch die virtuelle Welt streifen. Aber obwohl man in Second Life seine individuellen Aussehens-Wünsche ausleben kann, hat man es auch schwer, wenn man eine Form annimmt, die nicht dem Durchschnittsavatar entspricht. Denn die meisten Animationen sind auf Avatare mit menschlicher Gestalt zugeschnitten, und auch die Grösse ist vielfach entscheidend, ob man sich zum Beispiel normal auf einen Stuhl setzen kann.
Es gibt übrigens auch sehr viele männliche Avatare, die grossen Wert auf ihr Erscheinungsbild legen. Diese Fragen dann sehr spezifisch nach bestimmten Details bei Kleidungsstücken.

Weshalb meinst du, ist das so?
In SL hat man die Möglichkeit alles zu tun, egal, welche Voraussetzungen man in RL hat. Man kann sein Erscheinungsbild so oft ändern, wie man will und so aussehen, wie man sich gerade fühlt. In Second Life kann man seiner Fantasie freien Lauf lassen und sich alles Leisten, was man gerade will. Gerade auch Dinge, die einem im richtigen Leben verwehrt bleiben, sind in der virtuellen Welt finanziell tragbar.

Wie sehen deine Zukunftspläne in Second Life aus?
Also zuerst muss ich sattelfest werden im Umgang mit verschiedenen Grafikprogrammen. Wenn das klappt, werde ich beginnen, Artikel aus unserer RL-Kollektion virtuell nachzubilden. Und dann werde ich die Leute darauf aufmerksam machen, dass es die Dinge, die sie in der virtuellen Welt tragen und lieben, auch im richtigen Leben zu haben gibt. Somit wären wir dann wieder zurück im RL – ausser dass man dann auch die RL-Produkte in Linden Dollars bezahlen kann. Ein Schuh für 50 Franken würde dann halt um die 13'500 L$ kosten.

Wie siehst du die Zukunft von Second Life?
Ich glaube, es wird noch andere virtuelle Welten geben, und unter Umständen werden sich diese sogar vernetzen. Es kann gut sein, dass man irgendwann seinen eigenen Sim-Server zu Hause stehen hat. Die momentanen, und zukünftigen Hauptprobleme sind das Inventar und die Linden Dollars. Man muss unglaublich aufpassen, dass hier nicht geschummelt wird. Wichtig ist auch, dass der Second-Life-Viewer in ein Betriebssystem integriert wird, und so für jeden zugänglich wird. Warten wir mal ab, was in fünf Jahren sein wird.

Eine letze Frage: Welche Schuhe würdest du mir empfehlen?
Huch, da hätte ich so spontan keine auf Lager. Aber bald kann ich dir selber welche auf den Leib schneidern. Eine Tonne und einen unförmigen Felsbrocken habe ich jedenfalls schon als Sculptie-Prim hingekriegt. Einzig die Texturen machen mir noch ein wenig Mühe. Aber mit ein wenig Übung kriege ich auch das hin. Ich gebe einfach nicht auf, bis ich es kann. Und dann kriegst du auch deine Schuhe:)

Marilynn, besten Dank für das Interview!

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